Alkohol in der Stillzeit

Alkohol in der Stillzeit

Alkohol in der Stillzeit

Ein Gast-Blogbeitrag von Lina, einer unserer Expertinnen.

‍Lina (Sprachtherapeutin B.Sc., IBCLC, Stillspezialistin, EFNB) hat eine private Praxis für frühkindliche Ernährung, Stillberatung, Beikostberatung, Familienkostberatung und Logopädie. Sie bietet familienorientierte Beratung, Begleitung und Therapie an.

 

Weil ich das als sehr wichtig empfinde, sollte zuerst festgehalten werden, dass kein Alkohol die sicherste Option auch in der Stillzeit ist. Denn im Gegensatz zum Alkohol in der Schwangerschaft, wo jeder Tropfen einer zu viel ist und es direkten Einfluss auf die Entwicklung des Embryos oder Fötus hat, mit zum Teil massiven Langzeitfolgen, ist die Studienlage zu Alkohol in der Stillzeit nicht so groß. Hier fehlen besonders die Erkenntnisse in Bezug auf mögliche Langzeitfolgen.

Die Empfehlungen bezüglich Alkohol in der Stillzeit reichen von „gar kein Alkohol“, über „ein Getränk ist ok“ bis hin zu „du darfst mal was trinken, aber musst dann abpumpen und die Milch verwerfen“. Diese Aussagen können verunsichern und verwirren. Das führt immer unter Anderem wieder dazu, dass Frauen früher abstillen, um „auch abends mal wieder einen Wein zu trinken“.

Um diese Aussagen etwas zu entwirren, klären wir erstmal ein paar grundlegende Dinge:

 

Wie viel Alkohol geht in die Muttermilch über?

Der Alkoholspiegel in der Muttermilch ist genau derselbe, wie der Alkoholspiegel im Blut der stillenden Mutter. Er steigt und fällt zeitgleich. Der Höhepunkt wird ca. 30-60 Minuten nach Aufnahme erreicht, 60-90 Minuten, wenn das Getränkt beim Essen getrunken wird. Der Alkohol wird in jedem Menschen unterschiedlich schnell wieder abgebaut. Eine 30 jährige Frau (Gewicht 75kg/Größe 1,70m), die einen Wein (0,2l) trinkt, hat in der ersten Stunde einen Alkoholspiegel von ca. 0,44 Promille. Komplett abgebaut ist der Alkohol nach ca. 3-4 Stunden. Im Vergleich hätte dieselbe Frau, wenn sie 65kg wiegen würde, den Alkohol erst nach 4+ Stunden vollständig abgebaut. Je mehr getrunken wird, umso länger dauert es natürlich auch, bis kein Alkohol mehr nachweisbar ist.

 

Bringt es etwas, wenn ich pumpe und die Milch verwerfe?

Es bringt nur dann etwas, wenn du nicht stillen möchtest, aber deine Brust entleeren willst. Es reduziert nicht schneller den Alkoholspiegel in der Muttermilch, da er ja dem Blut der Mutter entspricht. Auch das vermehrte Trinken von Wasser oder Kaffee trinken, hat keinen Einfluss.

 

Kann sich Alkohol auf meine Milchbildung auswirken?

Ja, aber nicht wie in vielen Mythen vermutet wirklich milchsteigernd. Es zeigt sich, dass Babys eine Tendenz haben, häufiger zu stillen, wenn die Mutter Alkohol konsumiert hat. Das hat wohl aber damit zu tun, dass die Babys aufgrund des Alkohols in der Milch bei jedem Stillen weniger Milch aufnehmen, als sie normalerweise würden, also stillen sie häufiger. Dadurch kann es später so scheinen, als wäre durch den Alkohol die Milch mehr geworden, jedoch war dass das vermehrte Stillen. Ein weiterer Faktor ist der negative Effekt auf den Milchspendereflex. Dieser kann durch Alkohol vermindert werden, was auch wieder die Milchübertragung verschlechtern kann. Der Eindruck, dass die Brüste sich nach Alkoholkonsum voller anfühlten wäre in dem Fall also nicht der höheren Milchproduktion geschuldet, sondern der schlechteren Entleerung und bewirkt auf lange Zeit gesehen also genau das Gegenteil, nämlich weniger Milch, wenn dieser Zustand anhält.

Durch Studien rund um den Einfluss von Alkohol in der Stillzeit lassen sich noch keine genauen Rückschlüsse auf mögliche Entwicklungsdefizite oder ähnliches bei den Babys ziehen. Ergebnisse aus älteren Studien ließen sich zum Teil nicht erwidern. Was kleine Beobachtungen zeigten, war aber unter anderem ein unruhigeres Schlafverhalten der Babys und das die Mütter nach Alkoholkonsum später auf die Signale ihrer Babys reagierten, als Mütter die keinen Alkohol getrunken hatten (den Müttern war nicht bewusst, ob sie Alkohol oder ein Placebo bekommen hatten). Zudem verändert sich der Geschmack der Muttermilch signifikant. Der Geruch nach Alkohol lasse sich bei entleerter Milch feststellen. Die genauen Einflüsse hier sind noch nicht bekannt, jedoch gibt es Vermutungen, dass die Kinder im späteren Leben für diesen Geruch/Geschmack desensibilierter sind.

Möglich wäre also der aufgeklärte Umgang mit Alkohol in der Stillzeit. Dafür sollte mind. die ersten 2-3 Monate auf Alkohol komplett verzichtet werden. Danach kann nach guter Auseinandersetzung mit dem Thema Alkohol auch moderat und nicht regelmäßig in der Stillzeit konsumiert werden. Dafür sollte vorher gestillt werden und wie in dem Beispiel oben, für 3-4 Stunden nicht gestillt werden. Vorsichtshalber kann man entleerte Muttermilch zur Hand haben, um diese stillfreundlich zuzufüttern, sollte dies notwendig sein. Besprecht dies bitte mit eurer Hebamme oder einer qualifizierten Stillberaterin.

 

Weitere Informationen rund ums Stillen und deine individuelle & selbstbestimmte Stillbeziehung findest du in unserem Still-Guide.

 

Quellen:

La Leche League 

La Leche League

BZGA

 

Giglia, R., and C. Binns. 2006. "Alcohol and lactation: A systematic review."

Nutrition and Dietetics63:103–116

 

Schuetze, Pamela, Rina Das Eiden, and Arthur W. K. Chan. 2002. "The

effects of alcohol in breast milk on infant behavioral state and motherinfant

feeding interactions." Infancy 3 (3):349-363. doi:

10.1207/s15327078in0303_4

 

Mennella, J. A., and P. L. Garcia-Gomez. 2001. "Sleep disturbances after

acute exposure to alcohol in mothers' milk." Alcohol 25 (3):153-158