Fruchtsauger - Was steckt hinter diesem Trend? Nützlich oder nicht?

Fruchtsauger - Was steckt hinter diesem Trend? Nützlich oder nicht?

Fruchtsauger - Was steckt hinter diesem Trend? Nützlich oder nicht?

Was steckt hinter einem Fruchtsauger?

Ein Fruchtsauger ähnelt äußerlich einem Schnuller, mit Stiel, der z. B. mit Obst oder Gemüse befüllt werden kann. Sinn und Zweck eines Fruchtsauger soll sein, dass Kinder an feste Nahrung herangeführt werden.

Mit diesem können Babys neue Lebensmittelentdecken, ohne sich zu verschlucken.

Doch ist dieser Fruchtsauger wirklich notwendig? Ist er für die Kinder praktisch und gut für die Entwicklung oder doch eher nur ein Hilfsmittel für Eltern? Was hinter diesem neuen Trend steckt, erörtern wir hier aus logopädischer Sicht.

 

Unserer Meinung nach ist der Fruchtsauger eine weitere Erschaffung der Industrie und Werbung. Dabei wäre es wünschenswerter, Eltern darin zu unterstützen ihr Baby bedürfnisorientiert, mit Nähe und Sicherheit zu begegnen und sie in ihren Fähigkeiten zu bestärken, ohne unzählige Hilfsmittel, dafür mit Wissen.

Dennoch durchleuchten wir den Fruchtsauger mit Vor- und Nachteilen.

 

Welche Vorteile bietet er?

  • Das Baby kann auf Obst und Gemüse herumkauen, ohne sich zu verschlucken
  • Beim Zahnen kann der Fruchtsauger mit kaltem Obst gefüllt werden und die Schmerzen lindern
  • Der Start der Beikost kann erleichtert werden
  • Obst oder Gemüse kann für unterwegs eingepackt werden, da die Fruchtsauger mit einem Deckel fest umschlossen und dadurch ideale Begleiter sind

 

Das Sicherheitsversprechen

Hersteller schreiben, dass die Fruchtsauger sicher sind. Verschlossen wird dieser mit einem speziellem Sicherheits-Drehverschluss, der von Kindern nicht geöffnet werden kann. Das Nuckelstück besteht aus weichem Silikon oder einem Nylon Netz, dass die Lebensmittel sicher umschließt, ohne das Stückchen hindurch dringen. Die Netze und auch das Silikonstück lassen sich reinigen oderaustauschen. Der Stiel ist meist dick und rutschsicher, sodass die Babys den Fruchtsauger selbst halten können und die Lebensmittel selbstständig erkunden können.

 

 

Nachteile aus logopädischer Sicht

Die Funktion Saugen

Vergleichen kann man den Fruchtsauger mit Quetschies oder Schnullern, da daran gesaugt wird. Allerdings ist das Saugen nicht physiologisch, sprich nicht natürlich! Gerade zu Beginn der Beikost sollten Kinder die Möglichkeit haben, Essen und auch ihren Körper kennenzulernen. Sowohl beim Trinken als auch beim Essen! Dass aus Angst vor dem Verschlucken solche Fruchtsauger als sinnvoll erscheinen, ist nachvollziehbar, jedoch sollten solche Hilfsmittel immer mit Bedacht gewählt werden und für das Sicherheitsgefühl einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind gemacht werden.

 

Wahrnehmung

Wieso sollten Obst und Gemüse über einen Sauger angeboten werden? Babys können die Lebensmittel nicht richtig spüren oder die natürliche Form erkunden, dabei ist für eine gesunde Essensbeziehung das Erkunden mit den Händen notwendig – sie sollen das Essen beGREIFen.

 

Zahngesundheit

Zahnärzt:innen raten von Fruchtsaugern und auch von Quetschies ab. Das durchgekaute Fruchtmus enthält Fruchtzucker und Säure, die den Zahnschmelz des Babys angreifen und das Risiko für Kariessteigern.

Mit dem Start der Beikost kommen auch häufig die ersten Zähne. Die Milchzähne haben grundsätzlich einen weicheren Zahnschmelz und benötigen viel Aufmerksamkeit und Pflege. Babys zeigen in der Zeit häufig einen erhöhten Speichelfluss, verspüren Juckreiz und haben das Bedürfnis Gegenstände in den Mund zu nehmen und auf ihnen herumzubeißen. Der Speichel im Mund arbeitet aktiv gegen säurehaltige Bakterien, die den Zahnschmelz und weitere Zahnbestandteile angreifen.

Wichtig für eine gute Zahngesundheit ist eine umfangreiche Mundhygiene. Und das bereits ab den ersten Zähnen, laut unserer InnerMe Expert:in und Zahnärztin Megan Wester.

 

Wie funktioniert ein Fruchtsauger? Und mit was kann der Fruchtsauger befüllt werden?

Ein Fruchtsauger wird mit weichen Obst- oder Gemüsestückchen befüllt. Durch das Herumbeißen werden die Lebensmittel zerdrückt und Brei gelangt in den Mund des Babys. Das Baby bekommt die Möglichkeit verschiedene Lebensmittel kennenzulernen ganz ohne die Gefahr des Verschluckens.

Durch den dicken, rutschfesten Griff sind Babys in der Lage, den Fruchtsauger selbstständig zu halten und greifen.

Ist der Fruchtsauger gefüllt, kann gesaugt, geschleckt und geschlemmt werden. Babys können aufgrund des weichen Materials den Inhalt leicht erreichen und entdecken. Zähne müssen noch nicht durchgebrochen sein, denn auch mit den Kauleisten oder der Zunge ist das Zerdrücken problemlos möglich. Toll dabei ist, dass keine Sauerei entsteht - kleckerfreies Obst oder Gemüse, ähnlich wie bei den Quetschies. Doch Vorsicht ist geboten!

 

Bei all den Vor- und Nachteilen ist es wichtig, den Entwicklungsstand des Babys zu beobachten und zu akzeptieren. Die Zeit wird kommen, in der das Baby die Nahrungsmittel in der natürlichen Form erkunden kann. Jedes Kind entwickelt sich individuell, in der Motorik, in der Sprache und auch beim Essen. Lebensmittel sollten achtsam und bedürfnisorientiert gewählt werden und, wie alles, nach Bedarf stattfinden. Kinder zeigen Signale, wenn ihnen etwas gefällt oder auch nicht gefällt- darauf sollte geachtet werden.

Fruchtsauger behindern Kinder beim Erkunden von Lebensmitteln. Dabei sollte vielmehr das selbst bestimmte Essen gefördert und sensorische Erfahrungen gesammelt werden können. Entdeckt das Kind verschiedene Konsistenzen von Lebensmitteln, greift nach ihnen und erkundet sie mit den Händen, bekommt es nicht nur einen positiven Bezug zum Essen, sondern fördert ganz natürlich die Augen-Hand-Koordination, die Kinder z. B. auch beim Trinken benötigen.

 

 

Ab wann kann ein Fruchtsauger verwendet werden?

Laut Herstellern können einige Fruchtsauger bereits ab dem 3. oder 4. Monat eingesetzt werden. Die WHO empfiehlt aber 6 Monate ausschließlich zu stillen und unter Einführung der Beikost weiter zu stillen. Wichtig ist, dass die Beikostreifezeichen erfüllt sind. Diese treten in der Regel nicht vor dem 5. oder 6. Monat auf.

 

  • Das Baby kann mit wenig Unterstützung selbstständig sitzen und kann den Kopf aufrecht halten
  • Das Baby kann seine Hände oder Gegenstände zum Mund führen
  • Der Zungenstoßreflex ist (fast) abgebaut, die Zunge schiebt also Lebensmittel nicht mehr aus dem Mund

 

Daraus folgt, dass die Fruchtsauger nicht vor dem Beikoststart eingesetzt werden sollen.

 

 

Unser Fazit:

In der logopädischen Therapie kann ein Fruchtsauger bei Kindern mit Beeinträchtigungen eingesetzt werden, nicht aber Zuhause für den täglichen Gebrauch bei gesunden Kindern! Dort sind sie eher störend beim Beikoststart.

Wenn Babys oder Kleinkinder therapeutisch betreut und/oder begleitet werden, ist es wichtig auch die Eltern zu involvieren. Eine gesunde Essensbeziehung sollte langsam und unter Beobachtung aufgebaut werden, denn die ganze Familie ist betroffen. Es ist sehr belastend, wenn das Essen, welches für uns alle grundsätzlich sehr normal ist, nicht funktioniert, eingeschränkt und gestört ist. Stattdessen empfehlen wir Eltern einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind und können nur nochmal betonen, dass nicht alles, was in den Regalen hängt, auch sinnvoll und notwendig für die gesunde Entwicklung eurer Kinder ist!